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Indien - oder die vergebliche Suche nach Benjamin

Dubai & Südindien (Kerala, Karnataka, Tamil Nadu)

Unsere Reiseroute

Reisezeitraum:

24 Tage - 02.-25.10.2014

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Start- und Endpunkt:

Frankfurt/Main

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Stops entlang der Route:

Frankfurt - Dubai – Calicut – Sultan Bathery - Wayanad National Park – Mysore – Ooty – Coimbatore – Fort Cochin – Madurai – Munnar – Kumily – Alleppey – Backwaters – Varkala – Kovalam – Trivandrum – Frankfurt

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Zurückgelegte Strecke:

1.830 km

Tag 1

Nach einem langen Arbeitstag starten David und ich gegen 19:30 Uhr unseren Weg zum Flughafen – klar, warum sollte man auch wertvolle Urlaubstage verschenken, wenn man stattdessen auch die Nacht durchfliegen kann? Gut gelaunt und just in time kommen wir an, um unser Gepäck aufzugeben. Und dann heißt es wie immer am Flughafen: warten, warten, warten…. und nach einer gefühlten Ewigkeit: Abflug Richtung Dubai!

Skyline von Dubai

Burj Khalifa

Palmeninsel mit Hotel Atlantis

Burj Khalifa bei Nacht

Dubai Creek

Tag 2

Um 06:40 Uhr morgens bereits empfängt uns die schwül-heiße Morgensonne in Dubai. Ohje – wie sollen wir hitzeempfindlichen Deutschen das bloß aushalten, wo sich doch in der Heimat schon die Wälder goldgelb färben und der erste Frost bestimmt nicht mehr lange auf sich warten lässt? Da kommt nur eins infrage: So schnell wie möglich ab in die nächste klimatisierte Mall und der Hitze draußen weitestgehend entfliehen. Die Dubai Mall – die größte der Vereinigten Arabischen Emirate und ganz sicher auch eine der größten der Welt (zumindest dem nach zu urteilen, wie oft wir uns verlaufen haben) bietet sich dafür perfekt an, denn von dort erreichen wir auch unser nächstes Reiseziel, für das David im Vorfeld Karten besorgt hat – den Burj Khalifa, das höchste Gebäude dieser Erde mit insgesamt 828 m. Die Aussichtsplattform führt uns zwar leider „nur“ auf  432 m Höhe, trotzdem ist der Blick einfach atemberaubend! Wäre die Stadt nicht von einem dichten Dunstschleier bedeckt, könnte man sicher in die angrenzende Wüste schauen. Aber auch der Blick auf die winzig erscheinenden weiteren Skyscraper macht den Aufstieg allemal sehenswert.

Ein weiteres Highlight an diesem Tag ist der Besuch der Palmeninsel mit dem Atlantis-Hotel an der Spitze, auch wenn wir es der Hitze wegen nur wenige Minuten im Freien aushalten und dann in die arktisch heruntergekühlte Monorail-Bahn flüchten.

Das Mittagessen gibt es ebenfalls indoor, in der Mall of the Emirates. Von dort aus nehmen wir die Metro zum Dubai Creek, über den wir mit einem der überfüllten, aber unkaputtbaren Nussschalen-Taxibooten übersetzen – selbstverständlich nicht ohne dabei einige andere Boote zu rammen, das gehört hier wohl zum guten Ton.

Auf der anderen Seite angekommen schauen wir uns noch den Gewürz- und Goldmarkt an – nach kurzer Zeit suchen wir aber auch von hier das weite, da uns laufend fliegende Händler ihre Paschmina-Schals, Rolex-Armbanduhren und Gucci-Handtaschen andrehen wollen. Zum Abschluss des Tages sehen wir uns noch die Show an der Fountain der Dubai Mall an, die Wasser mit Licht und Musik kombiniert, und das vor der Kulisse der Dubaier Skyline inkl. Burj Khalifa. Danach sind unsere Füße platt und wir machen uns auf den Weg zurück zum Flughafen, denn unsere 21 Stunden Umsteigezeit neigen sich dem Ende zu.

Innenstadt von Calicut

Strand von Calicut

Tag 3

Um 09:05 Uhr landen wir in Kozhikode, Indien, auch genannt „Calicut“. Nachdem wir bei der Immigration detailliert zu unseren Reiseplänen befragt wurden und anschließend gefühlte Stunden am Gepäckband gewartet haben, machen wir uns auf die Suche nach einem Bus in die Stadt. Und tatsächlich: Es gibt keinen! Den neugierigen Blicken der Einheimischen nach zu urteilen ahnen wir schon, dass sich hierher nicht gerade häufig Touristen verirren – wir sind jedenfalls weit und breit die Einzigen. Auch die beiden einzigen ATMs am Flughafen verweigern uns den Dienst. Das fängt ja gut an… Nach einigem Verhandeln ergattern wir ein Taxi in die Stadt. Und was für eins… in Deutschland hätte es längst Oldtimer-Status, stilecht innen verkleidet mit gemustertem Stoff, typisch indischer Bommel-Borde und Plastikblumen. Und los geht die wilde Fahrt! Wir sind froh, dass wir alle Ãœberholmanöver überleben und unbeschadet in Calicut ankommen. Dort holen wir erst einmal einige Stunden verpassten Schlaf nach, bevor wir dann noch losziehen, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Gefühlt sind noch alle Einwohner dieser 432.000 Köpfe zählenden Stadt auf den Beinen und tummeln sich in der Haupteinkaufsstraße, wo bei lauter Techno-Musik Wühltischatmosphäre herrscht. Wir kämpfen uns unseren Weg durch die Menge bis zum zentralen Mananchira Square. Dort drehen wir eine Runde durch den Park, unter den neugierig-skeptischen Blicken der Bewohner der Stadt. Bislang haben wir noch keine anderen Weißen hier gesehen, und umso mehr fühlen wir uns als Abenteurer :)  Wir setzen unseren Spaziergang noch fort bis zum Strand, wo ebenfalls reges Treiben herrscht. Sogar einen Luna-Park mit gefährlich aussehendem Riesenrad und Achterbahn, Dromedare zum Reiten und eine riesige Kunstblumen-Ausstellung gibt es. Wir schauen dem bunten Treiben eine Weile zu, dann treibt uns aber der Hunger zurück in die Stadt. Wir gönnen uns unser erstes richtiges indisches Essen, und zum Nachtisch gibt es noch einen „Chocolate Iceberg“ für David und Hot Brownie mit Eis für mich. Nicht sehr indisch, aber trotzdem ein perfekter Abschluss für diesen Tag!

Tag 4

Nachdem wir viel länger ausgeschlafen haben, als geplant, erwartet uns unser erstes indisches Frühstück, bestehend aus Dosa (eine Art Reisfladen) mit Vegetable Stew, frischer Melone und extrem künstlich aussehender (und schmeckender) Marmelade. Wir packen unsere Backpacks und machen uns auf zu unserer ersten Tuktuk-Fahrt in Indien, nämlich zum Busbahnhof in Calicut. Unser Tuktuk-Fahrer ist sichtlich erfreut über seinen seltenen, europäischen Fang und möchte uns zum Schluss auf jeden Fall noch die Hand schütteln. Und schon wartet das nächste Abenteuer auf uns – Busfahren in Indien ist eine Erfahrung für sich. Es dauert eine Weile, bis wir uns zwischen den bunt bemalten und lautstark Bollywood-Musik abspielenden Bussen zurechtfinden. Unser nächstes Ziel heißt Kalpetta und ist für uns das Tor zum Wayanad Wildlife Sanctuary, wo wir eine Safari machen möchten. Im Bus ist es laut und stickig – erst als er sich in Bewegung setzt weht ein angenehmes Lüftchen (die Tür bleibt selbstverständlich während der Fahrt offen, Fensterscheiben gibt es nicht). Die Fahrt an sich ist abenteuerlich, denn sie führt in Serpentinen auf ziemlich steilen Straßen hinauf in die Berge. Leider liegt wieder ein dichter Dunst über den Wäldern, so dass wir die Aussicht nur erahnen können. In Kalpetta angekommen entscheiden wir uns, die Gegend ein wenig zu erkunden. Wir nehmen den Bus nach Sultan Bathery und von dort aus ein Tuktuk zu den Eddakal Caves. Der Name bedeutet „Stein zwischen Steinen“, denn hier sind einmal zwei Felsblöcke auseinandergebrochen, woraufhin ein Dritter den Spalt bedeckt hat. In der so entstandenen Höhle befinden sich Felszeichnungen, die noch vor Christus zurückdatieren. Man kann zweifelsohne Menschen, Elefanten und Räder erkennen. Einzig und allein der Weg ist beschwerlich – um zur Höhle zu gelangen ist ein steiler Aufstieg notwendig, gefolgt von zahllosen sich den Berg hinaufschwingenden Treppen. Auf dem Rückweg schauen wir uns noch den Jain Temple nahe Sultan Bathery an. Wir beenden den Tag bei einem gemütlichen Essen im vegetarischen Restaurant „Udupi“, wo wir Masala Dosa, Chapathis und ein Gemüse-Curry für gerade mal 1,30 Euro probieren. Geschafft fallen wir nach diesem langen Tag ins Bett, und nicht einmal die brettharte Matratze und der laut surrende Ventilator schaffen es, uns noch lange wach zu halten.

Aussicht von den Eddakal Caves

Innenstadt von Calicut

Eddakal Caves mit Felszeichnungen

Jain Temple

Tag 5

Heute stehen wir schon früh um 05:00 Uhr auf, um pünktlich zur Parkeröffnung am Wayanad Wildlife Sanctuary zu sein und einen der begrenzten Jeep-Safari-Plätze zu ergattern. Nur mit Mühe kommen wir aus dem Bett. Um halb 7 erreichen wir den Park und reihen uns in die Schlange der Wartenden ein. Leider gibt die Safari bei Weitem nicht das her, was wir uns erhofft hatten – außer einer Herde Wild und zwei Pfauen sehen wir nichts, leider auch nicht die ersehnten indischen Elefanten. Gut durchgeschüttelt nach der holprigen Fahrt kommen wir wieder an der Parkverwaltung an. Zu allem Überfluss verlangt unser Fahrer auch noch einen Aufpreis für die weiteren Ziele des Tages – woraufhin wir beschließen, unsere Tour durch Wayanad vorzeitig zu beenden und schon nach Mysore, unserem nächsten Ziel, aufzubrechen. Nachdem wir uns am Busbahnhof in Sultan Bathery eine lautstarke Auseinandersetzung um den Fahrpreis mit unserem Fahrer geliefert haben, ziehen wir noch mehr Blicke auf uns, als sonst schon. Als wäre das noch nicht genug erfahren wir am Busterminal, dass ohne Reservierung hier leider gar nichts geht und alle Busse bis zum Abend rigoros ausgebucht sind (muss ja toll sein in Mysore!). Nach langem hin und her und viel netter Beratung durch die ebenfalls wartenden Locals entscheiden wir uns, den ersten Bus am nächsten Tag zu nehmen (inkl. Reservierung, versteht sich) :) Den Rest des Tages verbringen wir im Hotel, denn ein Gewitter nach dem anderen zieht über Sultan Bathery hinweg, und draußen verpassen wir nicht wirklich viel.

Jeep-Safari im Wayanad Wildlife Sanctuary

Wild im Wayanad Wildlife Sanctuary

Tag 6

Früh um 05:00 Uhr quälen wir uns aus dem Bett, um den lang ersehnten Bus nach Mysore zu erwischen, wo wir für 06:00 Uhr noch 2 Plätze ergattert haben. Schier endlos rumpelt der Bus über die holprigen Straßen (die Inder scheinen ganz besondere Freunde von Temposchwellen zu sein, als wären die Schlaglöcher nicht schon genug Anlass zum Bremsen. ;)

Gegen 09:30 Uhr kommen wir an – endlich! Mysore empfängt uns laut und überfüllt – hier scheint außerdem das Müllproblem noch schlimmer zu sein als an den Orten, die wir bisher gesehen haben. Nach einigem Suchen entscheiden wir uns für eine Unterkunft etwas außerhalb, die uns netter Tuktuk-Fahrer vermittelt, nachdem uns ein anderer abzocken wollte. Wir verlieren keine Zeit und machen uns direkt auf den Weg zum Maharaja’s Palace, dem Hauptgrund unseres Besuchs. Leider stellen wir fest, dass er an diesem Tag erst später öffnet, da am vorherigen Tag das 10-tägige traditionelle Dasara-Festival zu Ende gegangen ist und noch Aufräumarbeiten stattfinden (trotzdem ist auch mittags, als wir den Palast betreten, von Sauberkeit noch keine Rede). Um die Zeit zu überbrücken lassen wir uns von einem schmächtigen, zahnlosen Tuktukfahrer eine Tour über die Märkte von Mysore aufschwatzen – außerdem ist er ein sympathischer Typ und kann sogar einige Wörter Deutsch (wie er sagt wegen seiner Exfreundin, der dicken Barbara aus Hamburg, die zum Yoga-Kurs nach Mysore kam und aufgrund ihrer Fülle nur Saris trug :) David wird auch sogleich neben ihn auf den Fahrersitz beordert und bekommt seine erste Tuktuk-Fahrstunde. Das Fahren klappt auch einwandfrei, und wenn nicht die Scheibe eher für indische Größen gebaut, also für uns nur mit ordentlichem Ducken zum Durchsehen geeignet wäre, stünde ihm sicher eine brilliante Karriere als Tuktukfahrer bevor. Wir bekommen den Obst- und Gemüsemarkt, eine Holzschnitzerei und einen Familienbetrieb, der Räucherstäbchen und Aromaöle herstellt, gezeigt, und zum Schluss auch noch einen der übergroßen Shops mit Paschmina-, Kaschmir- und Seidenschals in allen Variationen – natürlich überall mit der Erwartung, dass wir „reiche“ Touristen etwas kaufen, was wir aber nicht tun. Doch kein so guter Fang, wie gedacht ;) aber interessant war es allemal.

Schlussendlich schauen wir uns dann den Maharaja’s Palace an, der insgesamt deutlich hinter unseren Erwartungen zurückbleibt. Alles ist irgendwie ein bisschen heruntergekommen und lieblos gestaltet, außerdem zahlen wir als Ausländer den fünffachen Eintrittspreis und zusätzlich möchte man noch einen Tip von uns für das ausdrücklich als „free“ gekennzeichnete Verwahren der Schuhe, die im Palast ausgezogen werden müssen. Ein wenig enttäuscht setzen wir unseren Weg fort, hin zum Devaraja Market, wo es einfach alles gibt – Obst, Gemüse, Holi-Farben und allen erdenklichen sonstigen Plunder, den man braucht oder auch nicht. Zum Abschluss des Tages und trotz verdächtig gewittriger Luft wagen wir noch die steile Fahrt mit dem Bus auf den nahegelegenen Chamundi Hill, auf dessen Spitze sich ein Hindu-Tempel befindet. Leider ist selbst dort alles voller Müll, Menschen und Kühe drängen sich dicht an dicht und alles in allem vermissen wir die erhoffte Idylle. Ziemlich schnell treten wir den Rückweg an – diesmal zu Fuß über 1000 Stufen. Nach unseren zahlreichen Tuktuk-Erlebnissen lassen wir uns diesmal nicht abzocken und kommen schnell und günstig zurück ins  Hotel, wo wir beide in Schlaf verfallen, ohne überhaupt noch etwas gegessen zu haben. Einzig und allein unser erstes Urlaubs-Bier schaffen wir noch.

Ankunft in Mysore

Räucherstäbchen-Manufaktur

Maharaja's Palace

Hindutempel am Maharaja's Palace

Blumenkränze auf dem Devaraja-Markt

Holi-Farben auf dem Devaraja-Markt

Chamundi Hill

Tag 7

Da wir die letzten Tage so früh aufgestanden sind, beschließen wir heute auszuschlafen. Wir frühstücken typisch südindisch: Idli, Sambar und Vadai, und drehen dann noch eine Runde durch eine kleine bunte Siedlung, in der Kühe, Ziegen und Hühner durch die Straßen streifen. Kurz darauf machen wir uns auf den Weg zum Public Bus Stand – wir wollen unseren Bus nach Ooty nicht verpassen. Ernüchtert stellen wir jedoch fest, dass aufgrund eines Streiks bis auf unbestimmte Zeit (vielleicht ein Tag, vielleicht zwei, vielleicht mehr….) keine Busse dorthin fahren. Wir bekommen zwar unser reserviertes Ticket erstattet, dann stehen wir jedoch etwas ratlos da. Was nun? Von den Offiziellen kann uns scheinbar auch niemand so richtig weiterhelfen, der eine widerspricht dem anderen und keiner weiß wirklich Bescheid, was Sache ist. Nach einigem hin und her finden wir schließlich einen Bus, der uns zumindest bis zur Staatsgrenze zwischen Karnataka und Tamil Nadu bringen kann. Von dort aus sind es bis Ooty nur noch etwa 30 km, die wir notfalls auch per Tuktuk überbrücken können. Der Weg führt uns durch den Bandipur-Nationalpark, wo uns eine malerisch grüne Landschaft umgibt. Wir genießen die Ruhe, die hier verglichen mit Mysore herrscht. Am Ende der Busstrecke warten bereits einige Jeeps, um die gestrandeten Reisenden aufzulesen – klar, dieses Geschäft lässt sich hier keiner entgehen. Wir treffen noch zwei andere Backpacker, die uns Ooty leider alles andere als schmackhaft machen. Laut und stressig sei es, und sie seien nun vorzeitig nach Mysore geflüchtet. Kommt uns irgendwie bekannt vor… Etwas mulmig steigen wir in einen der Jeeps. Zu acht sitzen wir dort dicht gedrängt, ein Teil des Gepäcks konnte auf dem Dach verstaut werden, nicht jedoch unsere Backpacks. Wir holpern eine gute Stunde über überholungswürdige Straßen, die aussehen, als führten sie mitten ins Nirvana. Zum Ende hin windet sich die Straße in steilen Serpentinen die Nilgiri Mountains hinauf, bis wir schließlich auf einer Höhe von 2300 m Ooty erreichen. Ein Glück! Wir sind positiv überrascht, Ooty ist gegenüber Mysore das reinste Idyll. Wir entscheiden uns für ein nettes Guesthouse direkt am See – mit kuschligen Decken und 70er-Jahre Blümchenvorhängen macht es einen urgemütlichen Eindruck. Leckeres Chicken Biriyani und Chicken Kebab (Hähnchenspieße) gibt es im Kebab Corner gleich im Stadtzentrum. Zufrieden geht es ins Guesthouse zurück, wo uns jedoch eine unliebsame Überraschung erwartet: Eine gigantische schwarz-gelbe Spinne, gut handtellergroß, hat beschlossen uns einen Besuch abzustatten. Ich stehe nur quietschend auf dem Bett und bin hilflos vor diesem Ungetüm, das unangenehm schnell über die Wände flitzt. Auch David ist nicht motiviert, den Kampf aufzunehmen. Bleibt nur eins: Flucht! Während einer von uns das Bett akribisch überwacht, unter dem Spinne inzwischen verschwunden ist (sehr zu meiner Beunruhigung), packt der andere hektisch die Backpacks zusammen. Egal wie, Hauptsache schnell. Tür zu und nichts wie weg. Die Eigentümerin ist zwar not really amused, aber sie lässt uns gehen. Wir steigen stattdessen in einem anderen Hotel ein paar Häuser weiter ab, das zwar schmuddelig ist, aber zumindest spinnenfrei. Langsam lässt auch das Zittern in unseren Knien nach ;)

Ankunft in Mysore

Hindu-Viertel in Mysore

Wohnhaus in Mysore

Tag 8

Heute heißt es wieder mal früh aufstehen, denn heißes Wasser zum Duschen gibt es laut Hotelrezeption nur zwischen 07:00 und 09:00 Uhr. Um 07:45 Uhr ist das Wasser dann auch tatsächlich auf Duschtemperatur. Da wir nun ein wenig spät dran sind, läuft David schon vor zur Nilgiri Mountain Railway Station, wo ab 08:00 Uhr noch die begehrten Tickets für die steile Abfahrt nach Mettupalayam zu ergattern sind. Natürlich sind nur noch „Emergency Tickets“ übrig, denn wie wir erfahren ist hier üblicherweise zwei Monate im Voraus alles ausgebucht. Wir haben Glück, dass wir als die Nummer 7 in der Schlange der Wartenden (teilweise seit 03:00 Uhr morgens) identifiziert werden und noch zwei Tickets für den nächsten Tag erhaschen – natürlich nicht ohne dafür 2,5 Stunden in der Bahnhofshalle zu warten.

Nun haben wir endlich die Chance das zu tun, wofür wir eigentlich nach Ooty gekommen sind: Wandern in den Nilgiri Mountains, vor allem die Teeplantagen möchten wir sehen. Nach einigem Herumirren aufgrund der Wegbeschreibung auf Hindi finden wir das Guide Office, und wenige Zeit später nimmt uns Kumar in Empfang, ein schmächtiger Inder mittleren Alters, der ausnahmsweise Turnschuhe trägt statt der sonst üblichen Flipflops. Mit dem Bus geht es 13 km heraus aus Ooty in die Berge. Wanderwege gibt es nicht, deshalb sind wir dankbar für unsere Guide. Unser Weg startet an einer Schaf- und Gänsezuchtstation, die der lokalen Universität angehört. Wir wandern einige Zeit querfeldein durch hügeliges Grasland, bevor wir in einen Eukalyptuswald kommen. Die Blätter duften herrlich, richtig gesund ;) Weiter geht’s, und schon erreichen wir die ersten Teeplantagen. Auf dem Weg sehen wir einige der seltenen schwarzen Nilgiri-Languren mit ihren weißen „Sturmfrisuren“. Sie betrachten uns neugierig, sind aber deutlich scheuer als ihre gemeinen essenklauenden Verwandten in den Städten. Die Teeplantagen scheinen kein Ende zu nehmen – satte grüne Teesträucher, soweit das Auge reicht. So haben wir uns Indien vorgestellt, es ist einfach nur schön. Nach gut drei Stunden Wanderung erreichen wir ein Dorf, von dem aus wir den Bus zurück nach Ooty nehmen. Vorher bekommen wir natürlich noch Tee serviert, wo wir hier nun schon an der Quelle sitzen. Lecker!

Da es bis zum Sonnenuntergang noch eine gute Stunde dauert beschließen wir, noch Ootys Botanischen Garten mitzunehmen. Der Park ist hübsch angelegt und ordentlich gepflegt. Leider setzt schon kurze Zeit später der allabendliche Regen ein, so dass für uns nur der Weg zurück ins Hotel bleibt, wo wir auch den restlichen Abend verbringen, da unsere Mägen mit dem indischen Essen leider noch nicht ganz so einverstanden sind, wie wir…

Mahaveer Jain-Tempel in Ooty

Teeplantagen in den Nilgiri Mountains

Gemüseplantagen nahe Ooty

Tag 9

Heute früh treffen wir beim Einkaufen in Ooty zufällig unseren Guide Kumar, der uns zu einem fairen Preis ein Tuktuk rauf zum Doddabetta Peak, mit 2.637 m der höchste Berg der Nilgiris, vermittelt.  Die Fahrt ist die bislang holprigste seit unserer Ankunft in Indien, die Straße hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen. Oben angekommen stellen wir fest, dass leider so früh am Morgen der Peak noch in dichte Wolken gehüllt ist – sehr viel sehen wir erstmal nicht. Nach einer Weile haben wir aber Glück, die Wolkendecke reißt auf und gibt den Blick auf Ooty und dessen Umland frei. Und der ist wirklich lohnenswert! Wieder einmal möchten indische Touristen hier Fotos mit uns machen – Europäer trifft man schließlich nicht alle Tage. Wir laufen zurück zum Tuktuk und setzen unseren Weg fort, denn wir wollen noch die lokale Teefabrik besichtigen, wie uns Kumar empfohlen hatte. Es gibt sogar ein kleines Teemuseum, in dem die Geschichte des Tees erklärt wird – dann geht es auch schon in die Fabrik, wo wir uns live anschauen können, wie die Blätter sortiert, zerkleinert, getrocknet und schließlich verpackt werden. Außerdem darf natürlich eine Teeverkostung nicht fehlen – schließlich sollen die Touristen anschließend noch ordentlich Geld im dazugehörigen Shop lassen, was wir aber nicht tun. Stattdessen treten wir den Rückweg an – der Nilgiri Mountain Railway startet um 14:00 Uhr und wir möchten den Zug auf keinen Fall verpassen, denn er ist in diesem Urlaub das einzige UNESCO-Welterbe auf unserer Liste. Fast eine halbe Stunde vor Abfahrt fährt der kleine blaue Zug in den Bahnhof ein. Wir fragen uns, warum so früh und finden schnell den Grund heraus: Während am Wagen für Reisende ohne Reservierung wieder einmal eine ordentliche Schlange gebildet wird, herrscht bei uns, im reservierten Bereich, das reine Chaos. Leute drängeln hektisch in die Waggons, schieben und schubsen ohne Rücksicht auf Verluste, wenn es ihnen nicht schnell genug geht. Inder kennen keine „persönliche Komfortzone“, Körperkontakt gehört dazu. Anschließend stellen sie fest, dass der gerade erkämpfte Waggon wohl doch nicht der richtige war, und quetschen sich unter ähnlichem Gedränge wieder hinaus. Gut 20 Minuten dauert es, bis jeder seinen Platz gefunden hat. Dann geht es endlich los, zunächst mit Diesellok durch einige Dörfer um Ooty, bevor dann in Conoor gegen eine Dampflok getauscht wird, um den steilen Abstieg von mehr als 1000 Höhenmetern zu schaffen. Eine abenteuerliche Fahrt, die fast vier Stunden dauert. Die Landschaft zieht draußen am Fenster vorbei, und unaufhörlich begleitet uns das klackende Einrasten der Zahnräder. Wir sind froh als wir Mettupalayam erreichen, denn so schön die Fahrt auch war – indische Züge sind nunmal nicht für ihre Geräumigkeit bekannt. Wir schauen, wie wir weiterreisen können – uns bleibt nur die Möglichkeit, einen weiteren Zug nach Coimbatore zu nehmen und dort zu übernachten, um dann am nächsten Tag weiterzureisen nach Kochi, unserem nächsten Ziel. Am Bahnhof treffen wir noch zwei weitere Backpacker, Ricarda und Hardy, mit denen wir uns für Hotel und Abendprogramm zusammenschließen.

Aussicht vom Doddabetta Peak

Familienfoto auf Indisch

Teefabrik Ooty

Strecke des Nilgiri Mountain Railway

Dampflok des Nilgiri Mountain Railway

Tag 10

Am nächsten Tag fährt unser Zug erstaunlicherweise tatsächlich um die Uhrzeit ab, die man uns am Counter genannt hat, 08:40 Uhr. Anfangs sitzen wir in der falschen Klasse (wir haben den nächstbesten Waggon gewählt, der in unserer Nähe gehalten hat, um überhaupt im Zug zu sein, wer soll denn bitte durch die mehr als fünf verschiedenen Klassen durchblicken…?). Am Ende landen wir aber doch in der Sleeper Class, die wir gebucht haben. Schlafen tut hier so gut wie niemand, die Sleeper Class ist einfach nur die günstigste Kategorie. Die Landschaft draußen zieht vorbei – Reisfelder, Kokosnussplantagen, Büffelherden. Wir genießen es, diesmal nicht per Bus zu reisen (keine Temposchwellen, kein Hupen!), so ganz ohne halsbrecherische Überholversuche und Ausweichmanöver. Um die Mittagszeit kommen wir in Ernakulam an, von dort aus ist es nicht mehr weit bis Fort Cochin, das auf einer Halbinsel liegt. Auf den ersten Blick sehr ordentlich organisiert, es gibt sogar ein Autorickshaw Booking Office, das Touristenabzocke verhindern soll. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass hier doch einige Touristen mehr vorbeikommen, als in den Orten unserer bisherigen Reiseroute – toll, hier muss es was zu sehen geben! :) Wir lassen uns zu unserer Unterkunft fahren, einem netten Homestay mit zuvorkommenden Besitzern, die uns auch gleich Tickets für die Abendshow im Kathakali-Theater organisieren. Da wir vorher noch etwas Zeit haben beschließen wir, die Stadt zu erkunden: die chinesischen Fischernetze direkt an der Uferpromenade, den holländischen Friedhof, der noch aus der Kolonialzeit stammt, und die portugiesische Basilica Santa Cruz. Da Fort Cochin als Kolonie wechselnd besetzt war, stehen hier außerdem noch viele Cottages aus der britischen Besatzungsperiode Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts. In einigen Straßenzügen kommt man sich fast vor, wie in einem eleganten englischen Küstenstädtchen. Schnell vergeht der Nachmittag und es wird Zeit für’s Kathakali-Theater. Das Make-up dafür startet um 17:00 Uhr, als Deutsche sind wir natürlich pünktlich und fast als einzige dort. Wir bekommen zu sehen, wie sich die zwei Künstler schminken und für ihre Show vorbereiten – größtenteils machen sie das selbst, erst als einem der beiden an den Wangen eine Art Maske mithilfe von Reispaste angeklebt wird, kommt ein Helfer ins Spiel. Die Show startet mit Musik, zwei Trommler sind dabei und eine Art Mini-Becken, die deren Spieler geradezu ekstatisch aneinanderschlägt, so dass uns auch nach dem Ende der Show noch die Ohren klirren. Es herrscht ein ohrenbetäubender Lärm, manche Zuschauer halten sich sogar die Ohren zu. Dann demonstriert einer der beiden Künstler die Prinzipien des Kathakali-Theaters, während einer anderer kommentiert: Die Schauspieler erzählen ihre Geschichte, meist Göttermythen, nur durch Mimik und Gestik, gesprochen wird dabei nicht. Beeindruckend rollt der Künstler mit den Augen – bei dem Tempo halten wir den Atem an. Die Show ist sehr professionell aufgezogen und wir werden 2,5 Stunden gut unterhalten. Zum Abschluss des Tages gönnen wir uns noch eine Suppe und Raitha, ein indisches Joghurt-Gericht, und dann geht wieder einmal ein langer Tag zu Ende.

Chinesische Fischernetze in Fort Cochin

Basilica Santa Cruz in Fort Cochin

Make-up Session im Kathakali-Theater

Kathakali-Show

Tag 11

Das Frühstück wird uns an diesem Morgen an einer langen Tafel serviert, die an einen Rittersaal erinnert. Das komplette Mobiliar ist antik und in dunklem Holz gehalten. Es gibt Toast und Rührei – himmlisch, im Vergleich zu den üblichen Dosas, Idlis und Vadai, die zwar auch super schmecken, aber Abwechslung muss eben auch mal sein. Gleich nach dem Frühstück wollen wir unsere Bustickets für die Weiterreise nach Madurai über Nacht besorgen. Unser Tuktukfahrer ist ein echter Feilscher, er bittet uns darum in einem Craft Shop einige Dinge anzuschauen, da er so einen Liter Diesel als Provision bekomme. Nur gucken, nichts kaufen – da machen wir gern mit und tun ihm diesen Gefallen. Tatsächlich finden wir ein paar schöne Stücke, schaffen es aber uns loszueisen, ohne etwas zu kaufen. Weiter geht’s, und diesmal bietet unser Fahrer uns an, den Preis auf die Hälfte zu reduzieren, wenn wir in einen weiteren Shop gehen. Wir lassen die Prozedur ein weiteres Mal über uns ergehen, und lassen uns auch diesmal weder Elefantenfiguren, noch Schachspiele aus Kamelknochen oder die allseits so beliebten Paschmina-Schals andrehen, die hier scheinbar der absolute Renner sind. Erst als uns unser Fahrer den kompletten Fahrpreis erlassen will, wenn wir noch einen dritten Shop besuchen, wird es uns zu bunt. Schließlich sind wir nicht auf Shopping-Urlaub, sondern wollen an dem Tag noch etwas sehen. Für den Rest des Tages mieten wir uns einen Scooter und setzen mit der Fähre nach Vypeen Island über, um dort am Cherai Beach einen entspannten Tag zu verbringen. Leider ist der Strand nicht annähernd so weiß und unberührt, wie im Reiseführer beschrieben. Stattdessen finden wir leider mal wieder überall Müll, und der Strand ist keinen Meter breit, bevor dicke Felsen ihn von der Straße trennen. Wir halten es hier nicht sehr lange aus, dann packen wir unseren Scooter und fahren ein Stück die Insel herunter, wo der Strand breiter und weniger gefüllt ist. Auch hier lädt er nicht gerade zum Sonnenbaden oder gar zum Schwimmen ein, aber wir machen einen schönen Strandspaziergang und forschen dabei nach Krabben, die vor uns in ihre Sandlöcher flüchten. Zurück geht es durch ein Backwaters-Gebiet. Wir quetschen uns für 7 Rupien wieder auf die kleine rote Fähre, und gönnen uns zur Belohnung einen alles andere als indischen, aber gigantisch guten Hot Brownie mit Lemon Tea. Da wir noch etwas Zeit haben, cruisen wir noch eine Runde durch Mattancherry und das jüdische Viertel, wo historisch und auch heute noch der Basar zu finden war und ist. Hier gibt es einfach alles – Gewürze, Kleidung und jeden anderen denkbaren Plunder. Da es bereits dunkel wird haben der Holländische Palast und die Synagoge schon geschlossen, allerdings finden wir noch einen offenen Barbier, wo David sich old school per Rasiermesser rasieren lässt. Mutig! Aber der Betreiber beherrscht sein Handwerk perfekt, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bin ich froh, dass David nicht blutet! ;) Nachdem wir den Scooter zurückgegeben haben geht es direkt weiter zum Sleeper Bus nach Madurai. Von Schlaf kann allerdings keine Rede sein, denn wir haben zwei Plätze in der vorletzten Reihe, und bei der Beschaffenheit der indischen Straßen mit Speed Bumps, Schlaglöchern und Überholmanövern spätestens alle 20 Meter werden wir regelmäßig geweckt.

Cherai Beach auf Vypeen Island

Besuch beim Barbier

Tag 12

Zwar haben wir uns das Hotel für die Nacht gespart, jedoch kommen wir sichtlich gerädert in Madurai an. Für die 200 km zwischen Kochi und Madurai haben wir mehr als 9 Stunden gebraucht, und die spüren wir in jedem Knochen. Das erste, was wir in Madurai also machen: schlafen! Wir ruhen uns einige Zeit aus, doch dann zieht es uns in die Stadt. Bevor wir mit dem Sightseeing starten, lassen wir uns zu einem Krankenhaus fahren, denn wir haben nun schon beide seit einer Woche mit Bauchschmerzen und Magenbeschwerden zu kämpfen. Das indische Essen eben… das bestätigt uns dann auch die nette Ärztin: „It’s India, there’s infection everywhere!“. Wenigstens ist sie ehrlich. Wir kommen sofort dran und werden mit offenen Armen empfangen. Man schreibt uns insgesamt fünf Medikamente auf, die wir über drei Tage nehmen sollen, und David bekommt zusätzlich eine Spritze. Ich drücke mich davor… Wir wollen gar nicht so genau wissen, was für Medikamente wir nun schlucken, aber sie helfen augenblicklich. Die Hauptsache! Erleichtert geht es dann los in die Stadt, wir wollen den Meenakshi-Amman-Tempel sehen. Wir werden direkt wieder in einen Craft Shop direkt vor dem Westturm des Tempels gelockt – unter dem Vorwand, von dort hätte man eine spektakuläre Aussicht über das Areal, Das ist natürlich nicht so, aber wir bekommen wenigstens gratis Safrantee mit Zimt und Kardamom serviert. Wieder einmal gehen wir, ohne etwas zu kaufen, bekommen aber noch den hilfreichen Tipp, erst am Abend in den Tempel zu gehen und die tägliche Prozession mit anzuschauen. Das klingt plausibel – um die Zeit bis dahin zu überbrücken entscheiden wir, es stattdessen zum ersten Mal seit einigen Tagen mit etwas Richtigem zu essen zu versuchen. Ganz schonend natürlich – ein Omelette mit Curd Rice (Reis mit Joghurt). Und es schmeckt göttlich, als hätten wir noch nie etwas Besseres gegessen! :) Nach dem Essen schauen wir uns den Tirumalai-Nayak-Palast an und genießen den Schatten, denn in Madurai herrscht die bislang größte Hitze auf unserer Reise Nach einem kurzen Stop im Hotel machen wir uns dann auf in Richtung Meenakshi-Amman-Tempel. Die Anlage ist gigantisch und wird umrahmt von vier großen Türmen im Norden, Osten, Süden und Westen, die aus insgesamt mehr als 4.000 hinduistischen Figuren bestehen. Der Tempel thematisiert die Heriat von Meenakshi und Shiva, zwei bedeutenden Gottheiten. Das Herzstück ist jedoch nur für Hindus zugänglich. Wir wandern ein wenig im Tempelinnern umher und entdecken schnell den Tempelelefanten. Um Viertel nach 7 startet die Prozession, angeführt von einem Ochsen, in der Folge der Tempelelefant, einige Trommler und dann eine Art Festwagen mit einer Shiva-Statue, komplett in Gold gehüllt. Besonders seltsam mutet es an, als der Elefant einen Haufen fallen lässt und die Gläubigen sich gleich barfuß darauf stürzen und diesen platttreten. Glück soll das bringen – wir schließen uns trotzdem nicht an ;)

Meenakshi-Amman-Tempel in Madurai

Tempelelefant im Meenakshi-Amman-Tempel

Basar in Madurai

Statue von "Nandi", Shivas Stier

Tag 13

Direkt nach dem Frühstück brechen wir zum Gandhi Memorial Museum auf, das wir am Vortag nicht mehr besuchen konnten. Das Museum ist schön gestaltet und zeigt sogar einige Originalartefakte, die Gandhi gehört haben, u.a. seine berühmte runde Brille. Dann lassen wir uns per Tuktuk zum außerhalb gelegenen Government Bus Stand fahren. Am Vortag haben wir bereits erfahren, dass unser nächstes Ziel, Munnar, nicht per Direktverbindung erreichbar ist. Angenehm ist aber, das uns hier nicht jeder ein überteuertes Taxi für die mehr als 100 km lange Strecke andrehen will. Stattdessen nehmen wir einen Bus nach Theni, wo wird dann umsteigen. Zum ersten Mal werden uns hier zusätzlich 50% des Ticketpreises für unser großes Gepäck berechnet, eigentlich eine Frechheit, scheint aber in bestimmten Bussen üblich zu sein. Die Fahrt hoch in die Western Ghats, wo Munnar auf 1500 m Höhe liegt, ist ähnlich eng und steil wie nach Ooty, mehrmals bleibt uns das Herz stehen, als der Abgrund verdächtig nahe kommt. Es geht alles gut, aber die Fahrt will einfach kein Ende nehmen. Irgendwann fängt es dann auch noch an zu regnen, und natürlich ist unser alter grüner Bus NICHT wasserdicht. Wir bekommen ordentlich Wasser ab und sind heilfroh, im strömenden Regen endlich bei unserem Cottage anzukommen.

Gandhi Memorial Museum in Madurai

Fahrt in die Western Ghats

Tag 14

Und wieder einmal heißt es früh aufstehen, denn heute steht Trekking auf dem Programm (wieso bloß stehen wir im Urlaub grundsätzlich früher auf, als wenn wir arbeiten müssen???). Um Punkt 07:30 Uhr holt uns unser Führer am Cottage ab. Bis zu den ersten Teeplantagen sind es nur wenige hundert Meter. Erst jetzt können wir sehen, wie toll die Landschaft eigentlich ist, die uns umgibt: satte grüne Hügel, größtenteils von den schachbrettartigen Mustern durchzogen, die für die Teeplantagen so typisch sind. Bei der Dunkelheit und dem Regen während unserer Ankunft in Munnar war von alldem nichts zu sehen, höchstens zu erahnen. Unser Führer Selva ist ein witziger Typ, der unentwegt Fotos mit seinem Smartphone knipst. Er legt auch gleich ein gutes Tempo vor, und nicht nur wir, sondern auch die anderen Reisenden aus unserer Gruppe (Deutschland, Frankreich, UK, Polen) schnaufen nicht schlecht. Dafür werden wir aber mit einer tollen Aussicht über die umliegenden Hügel der Western Ghats belohnt. Nach zwei Stunden Wanderung bergauf gibt es Frühstück, das Selva im Rucksack mitgebracht hat, selbst gekocht von seiner Mutter: Chapathis und Dhal, und dazu für jeden ein gekochtes Ei. Nun macht es auch Sinn, dass bereits überall Eierschalen verteilt liegen ;) Gestärkt geht es weiter, denn wir sind noch lange nicht auf dem Gipfel angekommen. Schlussendlich erreichen wir eine Höhe von 2000 Metern. Die Aussicht ist fantastisch, rundherum um uns Teeplantagen, und diese Ruhe… kein Hupen, kein Müll, kein Gestank. Ein Traum! Ist das hier wirklich noch Indien?

Zurück geht’s vorbei an Baumhäusern durch Gewürzplantagen, wo wir unter anderem auch Kaffee, Limetten und Kardamom sehen. Wieder am Cottage angekommen sind wir erstmal platt. Wir quälen uns noch zum Mittagessen ins Dorf, dann brauchen wir erstmal eine Pause.

Am Abend raffen wir uns noch einmal auf, wir wollen uns die traditionelle indische Kampfkunst Kalarippayat anschauen, bei der u.a. auch mit Schwertern gekämpft wird.

Blick über die Western Ghats rund um Munnar

Wanderung in den Western Ghats

Teeplantagen nahe Munnar

Traditionalle südindische Kampfkunst "Kalarippayat"

Tag 15

Um 06:30 Uhr nehmen wir den Bus nach Kumily, um zu unserem nächsten Ziel zu gelangen: dem Periyar Wildlife Sanctuary. Die Fahrt führt schier endlos die Berge hinauf und wieder hinunter, und wir werden ordentlich durchgeschüttelt. Mittags kommen wir an und werden auch gleich erwartet, der Betreiber des Cottage in Munnar hat uns das Homestay Jungle Paradiso empfohlen. Die Zimmer sind zwar sehr basic, dafür kostet es für uns zwei nur umgerechnet 6,00 Euro pro Nacht. Nehmen wir gern ;)

Der Besitzer organisiert uns auch gleich eine Trekkingtour für den nächsten Tag. Dann legen wir uns erstmal hin, um uns von den Strapazen der Fahrt auszuruhen. Vorher bekommen wir noch auf’s Haus einen Schwarztee mit Zimt serviert – genau das Richtige, denn besonders warm ist es nicht.

Am Abend entscheiden wir, uns diesmal nicht im Restaurant bekochen zu lassen, sondern selber Hand anzulegen: Wir machen einen Kochkurs bei einer Bekannten des Homestay-Besitzers. Wir bekommen eine Einführung in die südindische Küche und bereiten ein Dinner aus Fisch Curry, Dhal, Palak (Blattspinat), Tomato Rice, Ladies‘ Fingers (Gemüse), Chapathis und Appalam-Brot zu. Ich mache zunächst große Augen, als der Fisch zwar mit Augen, aber ohne Kiefer im Topf landet… die Augen müssen wir glücklicherweise nicht mitessen ;) Chili lassen wir auch größtenteils weg, denn wir wollen kein Feuer spucken – für das volle indische Programm sind wir noch nicht bereit. Nach drei Stunden sind wir fertig und satt – und motiviert, alles zu Hause wieder nachzukochen.

Kochkurs in Kumily

Essen ist fertig!

Tag 16

Zur Abwechslung müssen wir heute mal wieder früh raus – es geht auf Dschungel-Safari! Nach unserem enttäuschenden Erlebnis in Wayanad haben wir uns diesmal für eine Trekkingtour zu Fuß und per Bambusfloß entschieden, vielleicht haben wir auf diesem Weg ja mehr Glück, unsere heiß ersehnten wilden Elefanten zu sehen (Benjamin?!). Davon gibt es in Periyar immerhin 1.700 Stück, einer würde uns ja schon ausreichen. Um 07:45 Uhr sind wir am vereinbarten Treffpunkt im Reservat. Mit uns gemeinsam werden noch zwei Paare aus Frankreich und Israel auf die Tour starten – zunächst aber bekommen wir überdimensionale Socken zum Zuschnüren, die wir gegen Blutegel überziehen sollen. Schon bald ist uns klar warum – es wimmelt nur so von ihnen in diesem Teil des Dschungels. Als nächstes müssen wir mit einem Bambusfloß stehend einen Teil des Periyar-Sees überqueren. Gar nicht so einfach, denn natürlich gibt es kein Geländer, und alle, die das Pech haben, in der Mitte des Rafts zu stehen, finden sich gleich knöcheltief im Wasser wieder. Naja, wir wollten ja Natur… jetzt haben wir sie! Auf der Tour begleiten uns mehrere Spurenleser sowie ein bewaffneter Ranger, vor allem die Tiger können hier gefährlich werden. Es geht mitten durch’s Dickicht, und wir legen ein gutes Stück zurück, auf dem wir Frösche, Wild, Languren und auch eins der seltenen Malabar-Rieseneichhörnchen sehen. Außerdem bekommen wir geduldig die verschiedenen Pflanzen sowie deren medizinische oder gastronomische Verwendung erklärt. Auf einer Lichtung am See machen wir Pause – Frühstück! Am Waldrand grast eine Warzenschwein-Familie und beobachtet uns mit Argusaugen, Papa vorneweg, dann Mama und 3 kleine Schweinchen hintendran, die nach einigen Minuten sprichwörtlich im Schweinsgalopp im Wald verschwinden. Noch ein Stück weiter geht’s, bevor wir unser Bambusfloß besteigen (oh Graus, dieselbe Konstruktion wie das letzte Floß, auch der Tiefgang ist derselbe…). Und los geht die Fahrt, leider sehen wir jedoch außer ein paar Wasservögeln nicht viel. Nach einer Weile gehen wir wieder an Land, und verheißungsvoll bedeuten uns die Ranger, jetzt besonders still zu sein. Es geht tief in den Wald, und hinter jedem Baum erwarten wir den heiß ersehnten Elefant. Doch es passiert... nichts. Nichtmal irgendein anderes größeres (cooles) Tier sehen wir… sichtlich enttäuscht wandert unsere Gruppe zurück zum Raft. Auch auf dem Rückweg sehen wir außer einigen Tiger- und Bisonspuren sowie einem großen Wildschwein und einer Mini-Schlange nichts mehr. Man kann eben nichts erzwingen, Elefanten zu sehen ist und bleibt Glückssache, trösten wir uns, und beschließen stattdessen am nächsten Tag Elefantenreiten und –waschen zu gehen – mit Elefantengarantie, sozusagen ;)

Periyar Wildlife Sanctuary

Bambusfloßtour im Periyar Wildlife Sanctuary

Frische Tigerspur aus der Nacht vor unserer

Tour

Tag 17

Los geht’s heute um 08:00 Uhr – wir werden pünktlich von unserem Tuktukfahrer am Homestay abgeholt. 15 Minuten lang fahren wir herauf in die Berge, leider wird es von Meter zu Meter nebliger. Im Nebelschleier tauchen allmählich die Silhouetten von drei Elefanten auf, die unter lautem Knacken ihr Frühstück aus Palmwedeln vertilgen. Einer von ihnen, die 14 Jahre alte Meenakshi, wird denn auch prompt von ihrer Kette befreit und zum Satteln an einer auf Stelzen stehenden Hütte geparkt. Erst wird ihr ein Flickenteppich aufgelegt, dann eine dicke Gummimatte. Darauf wiederum folgt eine Art Gerüst mit Griffen, und alles wird mit einer Seilwinde festgezurrt. Zimperlich ist hier wohl keiner… die Elefantendame scheint das wenig zu kümmern, sie klaut sich zwischendurch noch einige Palmzweige, die sie fachmännisch zerlegt, um an den saftigen Stiel zu kommen. Für uns heißt es: Aufsteigen! Ich vorne, David hinten. Noch schnell ein Schirm heraufgereicht, und los geht’s. Das Metallgestell macht den Ritt leider alles andere als bequem, und dann fängt es auch noch an zu regnen. Wird sind trotzdem bester Laune, denn eine Erfahrung ist es allemal. Knappe 40 Minuten dauert unsere Runde, die Meenakshi in gefühlt zeitlupenartigen Bewegungen zurücklegt. Nachdem wir abgestiegen sind wird sogleich ein zweiter Elefant mobilisiert, „Ragu“. Er wird zum Waschplatz dirigiert, und nachdem er sich erstmal so einige Liter Wasser aus dem Gartenschlauch genehmigt hat, fordert ihn sein Trainer auf, sich hinzulegen. Es dauert ein bisschen, aber dann ist es geschafft, und wir bekommen Bürsten in die Hand. Jetzt geht’s ans Schrubben – so ein Elefant ist viel borstiger, als man vermutet! Der Trainer erklärt, dass jeder Elefant zwei Stunden so geschrubbt werden muss… nicht schlecht. Die Pfleger gehen natürlich deutlich rauher ans Werk als wir. Ragu grunzt zufrieden – scheint wohl angenehm zu sein ;) Zum Schluss verpasst er sich selbst noch mit dem Rüssel eine Rückendusche. Wegen des schlechten Wetters und der Kälte verzichten wir lieber an diesem Tag auf die „Elephant Shower“ – stattdessen gönnen wir uns im Homestay mal wieder eine heiße Dusche mit Eimer und Messbecher – eine beliebte Methode in Indien, die wir garantiert nicht vermissen werden. Um 13:00 Uhr nehmen wir den Bus nach Alleppey. Die Fahrt dauert über vier Stunden, und als wir ankommen regnet es. Unsere beiden favorisierten Unterkünfte sind leider auch beide schon voll, so dass wir auf eine weiter vom Stadtzentrum entfernte ausweichen müssen. Wir landen bei Mr. Gilbert Johnson – einem sehr sympathischen Tierliebhaber, dessen bauschiger Bart einen unnatürlichen Orangestich hat. Im Guesthouse tummeln sich zwei Hunde und einige Katzen, die zusammengerollt an ihren Stammplätzen dösen – auf dem Tisch, unter dem Computer, im Schrank. Man fühlt sich gleich heimisch hier :) Zum Abendessen empfiehlt er uns ein kleines Fischrestaurant am Strand. Uns zieht aber eigentlich ein anderer Grund dorthin: Es gibt Bier! Das ist bekanntlich in Indien rar, also schlagen wir zu und gönnen uns gleich drei Flaschen. Wie Wasser, mmmh!

Elefantenreiten nahe Kumily

Waschen muss natürlich auch noch sein...

Tag 18

Heute lassen wir es gemütlich angehen. Um wach zu werden machen wir um 07:00 Uhr bei der Yogastunde auf der Veranda unserer Unterkunft mit. Wir geben unser Bestes – aber die Verrenkungen, die uns der Yogalehrer vormacht bekommen wir beim besten Willen nicht hin. Hat der Gummiknochen? Nach 1,5 Stunden sind wir ausgepowert, als wären wir mindestens 10 km gejoggt. Der Yogalehrer legt uns ans Herz, doch jeden Morgen diese Übungen zu wiederholen – es würde unser Leben verändern. Wir denken darüber nach ;)

Anschlißend gibt’s noch eine der langsam zur Gewohnheit gewordenen Duschen à la „Bucket Hot Water“, und ein kontinentales Frühstück, dann werden wir per Tuktuk abgeholt und ans Wasser gefahren, denn heute startet unsere Hausboot-Tour inkl. Übernachtung. David und ich sind die einzigen Gäste an Bord, daneben gibt es noch drei Crewmitglieder: Babu, den Steuermann, einen Koch und eine dritte Person, deren Funktion wir bis zum Schluss nicht durchblicken. Da keiner der drei besonders gut Englisch spricht, bleibt unsere Kommunikation leider aufs Nötigste beschränkt. Trotzdem sind alle super freundlich und zuvorkommend, zur Begrüßung gibt es einen Lemon Juice, und wir machen es uns in den Hängesesseln an Bord bequem. Dann geht’s auch sofort los in die Backwaters. Wir fahren vorbei an endlosen Reisfeldern, palmengesäumten Ufern und Menschen, die entweder sich selbst oder ihre Wäsche im für unsere Begriffe doch recht grünen Wasser der Backwaters waschen. Manchen stehen von oben bis unten eingeseift da, bevor sie in die Fluten springen – sauber. Wir sitzen lange Zeit nur da und lassen die Bilder auf uns wirken. Nach einer Weile stoppen wir, und uns wird zum Lunch eine übertriebene Mange indischer Gerichte aufgetischt, die wir unmöglich aufessen können. Die Gerichte sind ausschließlich vegetarisch, von Reis über gebackenes Gemüse, Kokos, Ananas und das typische Apalam-Brot ist alles dabei. Wir schlemmen, schaffen aber trotzdem nichtmal annähernd die Hälfte. Nach ca. einer Stunde geht unsere Tour weiter. In gemütlichem Tempo schippern wir die Kanäle entlang. Wir passieren ein übertriebenes Luxusresort inkl. Pool mit im Wasser der Backwaters, bevor wir in ein größeres, offenes Gewässer gelangen. Dort wird uns dann auch der Nachmittagstee und ein leckeres Banana Fry serviert, das wir wachsam vor den diebischen Nebelkrähen verteidigen müssen – die versuchen nämlich im Flug davon zu naschen. Den größten Teil des Nachmittags verbringen wir damit zu lesen, in den Hängesesseln zu schaukeln und einfach mal nichts zu tun. Herrlich, das ist Urlaub! Gegen 17:00 Uhr legen wir wieder an der Stelle an, an der wir unsere Tour begonnen haben. Bevor es dunkel wird ist noch Zeit für einen kurzen Landgang. Nachdem wir uns todesmutig an „Mini“, einem angeblich zahmen Truthahn, der sich aber verdächtig aufplustert, als wir sein Revier betreten (und uns dann auch noch verfolgt) vorbeigewagt haben, gelangen wir schnell an einen kleineren Kanal, der von Reisfeldern gesäumt wird. Wir wandern einige Meter daran entlang, bevor uns ein Plätschern im Wasser aufmerksam werden lässt. Offenbar haben wir zwei Schlangen beim Balztanz gestört. Die beiden Tiere „tanzen“ durchs Wasser, haben uns aber bemerkt und schauen zu uns herüber. Angesichts des schnellen Tempos, in dem sich die beiden bewegen, ergreifen wir vorsichtshalber die Flucht. Wir kämpfen uns an Mini vorbei zurück zum Boot, die Dämmerung hat inzwischen eingesetzt. Wir haben uns fest vorgenommen, zum Abendessen einen Fisch zu angeln. Wir bekommen also Bambusstöcke mit Schnüren in die Hand, und los geht’s. Wir bemühen uns, geduldig zu sein, und mehrmals haben wir sogar einen Biss… allerdings finden die indischen Fische es viel lustiger, einfach nur unsere Köder abzuknabbern, statt mal vernünftig auf den Angelhaken zu beißen. Frustriert geben wir auf, stattdessen serviert unsere Crew uns wie schon vermutet ein grandioses Abendessen, von dem locker auch fünf Leute hätten satt werden können.

Hausboot in den Backwaters bei Alleppey

Wohnhäuser in den Backwaters

Backwaters zwischen Alleppey und Kollam

Angeln für das Abendessen

Tag 19

Nach einem ausgiebigen Frühstück aus Dosa, Toast, Ei und Früchten drehen wir noch eine Runde mit dem Hausboot durch die Backwaters. Dann verlassen wir die „Johnson’s The Pride“ und fahren per Tuktuk wieder zurück nach Alleppey. Da wir früh dran sind ergattern wir noch ein Zimmer in einem schönen Homestay. Wir verlieren nicht viel Zeit, sondern machen uns direkt auf den Weg zu „Kerala Kayaking“, in der Hoffnung, für denselben Tag spontan noch eine Kajaktour durch die etwas entlegeneren Kanäle der Backwaters organisieren zu können. Da nur noch eine 7-stündige Tour verfügbar ist, wir aber unbedingt kajaken möchten, lassen wir uns dazu breitschlagen, auch wenn sie uns eigentlich z. Es geht dann auch direkt per Tuktuk zum Startpunkt etwas außerhalb der Stadt. Zunächst sind wir mit einem größeren Transportboot unterwegs. Außer zwei Engländern sind wir wieder einmal allein auf der Tour. Nachdem wir einige Minuten gefahren sind legen wir an, um die Kajaks auszuladen. Ohne irgendeine Einweisung werden wir dann auch direkt auf die erste Strecke geschickt, „um uns mit dem Kajak vertraut zu machen“. Fast eine Stunde lang sind wir auf einem relativ breiten Kanal unterwegs, auf dem wir nicht nur einmal den doch deutlich größeren Hausbooten ausweichen müssen. Nachdem wir zahllose Hütten und eine Kuh passiert haben, die uns wütend hinterhermuht, nachdem wir sie mit dem Paddel nassgespritzt haben, erreichen wir unsere Anlegestelle. Wir werden begrüßt von einer Art zahmem Seeadler in Miniaturausgabe. Das Mittagessen wird uns klassisch auf einem Bananenblatt serviert. Anschließend geht die Tour erstmal per Transportboot weiter. Während unsere beiden Guides pausenlos im Internet und am Telefon unterwegs sind und Deals für weitere Kajaktouren aushandeln, genießen wir die Idylle und die Eindrücke der Backwaters. Auch hier wird fleißig gewaschen – andere arbeiten auf ihren Reisfeldern oder touren als mobiler Supermarkt durch die Siedlungen. Nach einiger Zeit steigen wir wieder auf die Kajaks um, diesmal in Begleitung der Guides. Die Tour führt uns durch deutlicher schmalere Kanäle, durch die man auf anderen Touren vermutlich nicht kommen würde. Trotz Sonne und hohen Temperaturen kämpfen wir uns vorbei an Hütten, Kühen, Hühnern, Ziegen, Schafen und natürlich Reisfeldern. Die Kanäle sind von Palmen gesäumt, und wo immer möglich versuchen wir, uns im Schatten zu halten. Die Tour ist anstrengend, führt uns aber genau wie wir wollten abseits der von Touristen erschlossenen Pfade durch stille Kanäle, in denen wir das Dorfleben der Backwaters noch in seiner ursprünglichsten Form miterleben. Zwei weitere Kajakstrecken dieser Art erwarten uns – jedes Mal unterbrochen von Abschnitten auf dem Transportboot, während denen wir die Chance zur Erholung haben. Leider beginnt es zum Ende der Tour zu regnen, und auf unserer letzten Kajakstrecke werden wir ordentlich nass. Der Muskelkater ist vorprogrammiert… Zum Abschluss der Tour halten wir nochmal an einer der zahllosen Buden am Ufer zum Tee, wie es sich für den stilechten Inder am Nachmittag gehört. Auch ein paar Knabbereien dürfen natürlich nicht fehlen. Erst lange nach Einbruch der Dunkelheit kommen wir zurück nach Alleppey.

Kajaktour in Alleppey

Klassischer "Bus" der Backwaters

Tag 20

Nach dem Frühstück im Homestay packen wir unsere Backpacks und machen uns auf den Weg zum Busbahnhof, um unsere Weiterreise nach Varkala anzutreten. Das gestaltet sich leider nicht ganz so einfach wie erhofft, denn den letzten direkten Bus haben wir um wenige Minuten verpasst. Also: Umsteigen. Nur wo? Zum Glück gabelt uns netter Inder um die 50 auf, der zufällig in Varkala wohnt und sich wahnsinnig freut, Europäer zu treffen. Perfekt! ;) Er lotst uns in den nächstbesten Bus, der schon als er ankommt komplett überfüllt ist. Wir tun unser Bestes, uns hereinzuschieben, und werden trotzdem von hinten aufgefordert, schneller zu gehen… typisch indisch! Natürlich gibt es keine Sitzplätze mehr im Bus, wir klammern uns also fest, so gut es geht, und versuchen nicht bei jedem Schlagloch umzufallen. Gar nicht so einfach! Nach einer Weile steigen zum Glück einige aus, so dass wir zum Einen sitzen können und zum Anderen auch unsere Reisebegleitung wiederfinden, die wir zwischenzeitlich im Gedränge verloren hatten. Er erzählt uns, dass seine Söhne beide als Pilot bzw. Flugbegleiter in Dubai arbeiten und seine Frau aus Malaysia stammt – das erklärt seine Aufgeschlossenheit uns gegenüber. Wir unterhalten uns gut, er freut sich sichtlich über die unerwartete Gesellschaft. Als wir schließlich umsteigen besteht er sogar darauf, den Bus für uns zu bezahlen. Im Zentrum von Varkala angekommen verabschieden wir uns – nicht ohne noch einen Restauranttipp zu bekommen, den wir auch gleich ausprobieren. Wir kommen in einer Bambushüttensiedlung direkt an den Klippen von Varkala unter. Dort angekommen trödeln wir nicht lange herum, sondern machen uns direkt auf zum „Black Beach“, so genannt wegen seines tatsächlich schwarzen Sandes. Ein deutlich schönerer Strand als der letzte auf Vypeen Island. Leider ist das Wetter nicht das Beste, schon nach wenigen Minuten fängt es an zu nieseln. Auf’s Baden verzichten wir also.

Am Abend machen wir einen Strandspaziergang Richtung Süden, zum „Varkala Beach“. Dort finden traditionelle hinduistische Riten statt, gleich nebenan baden Touristen. Ein kultureller Mix, der friedlich koexistiert und irgendwie auch etwas für sich hat…

Klippen von Varkala

Bambushütte am Strand von Varkala

Black Beach

Angeln für das Abendessen

Varkala Beach - Ort hinduistischer Riten

Tag 21

Zum Start in den Tag gönnen wir uns ein leckeres Frühstück direkt an den Klippen, mit Blick auf’s Meer. Anschließend geht’s per Tuktuk zum Bahnhof, auf zu unserer letzten Station: Trivandrum. Dort angekommen schaffen wir es zwar noch im Trockenen bis zu unserem Hotel, doch als wir wieder losziehen, um auf einem großen Basar unser letztes indisches Geld zu verprassen und ein paar Geschenke für die Daheimgebliebenen zu kaufen, werden wir vom Regen überrascht. Und zwar nicht zu knapp… der Regen überfordert die Kanalisation gnadenlos, und binnen Minuten steht das Wasser mehrere Zentimeter hoch in den Straßen und habt sogar die Gullideckel an. Einigermaßen trockenen Fußes schaffen wir es unter ein Vordach, wo wir dicht gedrängt mit einer halbstarken indischen Mopedgang auf das Ende des Regens warten. Leider vergeblich, es scheint einfach nicht aufhören zu wollen. Nach einer Weile schaffen wir es, ein Tuktuk heranzuwinken. Auch wenn es nur wenige hundert Meter sind, lassen wir uns zum Indian Coffee House fahren, wo wir im Trockenen erstmal mittagessen, um die Zeit zu überbrücken. Nachdem der Regen zwar schon weniger geworden ist, aber einfach nicht ganz aufhören will, fahren wir per Tuktuk zum Basar – Laufen macht bei dem Wetter keinen Sinn. Der Basar ist leider nicht so ergiebig, wie erhofft, und viele Shops sind wegen des Diwali-Festes sogar ganz geschlossen. Wir schlendern einige Zeit etwas planlos durch die Gegend, und machen uns dann auf den Heimweg. Unterwegs kommen wir noch an einem überfüllten Kaufhaus vorbei, was wir als Anlass nehmen, noch Stoffe und Gewürze für zu Hause mitzunehmen.

Klippen von Varkala

Ankunft in Trivandrum

Tag 22

Unseren vorletzten Urlaubstag möchten wir dazu nutzen, nochmal richtig schön auszuspannen. Nachdem wir uns den Sri-Padmanabhashwamy-Tempel angesehen haben (zumindest von außen, denn ins Innere werden wie üblich nur Hindus gelassen), machen wir uns auf die Suche nach einem Bus nach Kovalam, einem Strandort etwa 30 km südlich von Trivandrum. Zunächst widersprechen sich wieder einmal alle Busfahrer, die wir nach der Abfahrtstelle fragen, und schicken uns von einer Haltestelle zur Nächsten. Schließlich werden wir aber fündig. Als wir in Kovalam ankommen, ist es schon fast Mittag. Wir passieren einen Strand, an dem Dutzende Fischer gerade ihre Fangnetze für die nächste Fahrt präparieren. Nach einer Kurve entdecken wir das Wahrzeichen von Kovalam, den rot-weiß geringelten Leuchtturm. Wären die Palmen nicht könnte man glatt meinen, man befände sich auf einer Nordseeinsel (naja, und die Temperaturen sind natürlich ein weiterer winzigkleiner Unterschied). Am schmalen Strand suchen wir uns Liegen inkl. Sonnenschirm und dösen erstmal eine Weile. Das Meer lädt leider wegen der vielen Quallen nicht zum langen Baden ein, aber zumindest für eine kurze Abkühlung reicht es. Auch shoppingtechnisch sind wir erfolgreich und finden noch ein paar Mitbringsel für daheim. Dann jedoch nimmt unser gerade gefundenes Standglück ein jähes Ende, denn es beginnt zu regnen – und zwar nicht zu knapp. Unsere Handtücher können wir noch retten, aber an Baden ist nicht mehr zu denken. Stattdessen futtern bzw. trinken wir uns von Restaurant zu Restaurant. Hat auch was für sich ;)

Trotz allem beschließen wir, noch den Aufstieg zum Leuchtturm zu machen, der oben auf einer Klippe thront. Schließlich sind wir nicht aus Zucker, und wann kommen wir schon mal wieder nach Kerala? Also nix wie los… Augen zu und durch. Wir zahlen wieder einmal den zehnfachen Ausländer-Eintrittspreis und erklimmen die steilen Treppen und Leitern bis ganz nach oben. Wir sind zwar nass wie zwei begossene Pudel, aber die Aussicht lohnt sich.

Hindutempel in Trivandrum

Fischer bei der Arbeit am Strand von Kovalam

Sri-Padmanashawamy-Tempel

Aussicht vom Leuchtturm in Kovalam auf die Stadt

Tag 23

Und da ist er schon, unser letzter Urlaubstag, bevor wir abreisen. Kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Zuerst drucken wir einem Internetcafe mit Callcenter-Atmosphäre und (Highlight!) Röhrenbildschirmen unsere Flugtickets. Dann fahren wir weiter in den Zoo von Trivandrum, den der Reiseführer als echtes Highlight anpreist. Von Bären über Affen, Elefanten, Wild in allen Variationen bis hin zu Schlangen, die uns an unser Erlebnis in den Backwaters erinnern, ist alles dabei. Viele Gehege wurden bereits renoviert, und besonders das neue Reptilienhaus ist liebevoll gestaltet. Andere jedoch bestehen nur aus Beton und sind wahnsinnig klein und nicht besonders tierfreundlich.

Nach dem Zoobesuch machen wir uns auf die Suche nach einem Tuktuk zum „Ayushmanbhava Ayurvedazentrum“, das zunächst keiner kennt. Nach mehreren Fehlversuchen finden wir einen Tuktukfahrer, der zumindest eine grobe Ahnung zu haben scheint, wo es hingehen soll. Den genauen Weg muss aber auch er telefonisch abklären. Wir kommen tatsächlich an, die erste Hürde ist geschafft. Zum Glück ist nichts los, wir sind die einzigen Gäste. Deshalb bekommen wir glücklicherweise dann auch ohne Voranmeldung eine entspannende ayurvedische Massage mit heißem Öl. Gut durchgeknetet machen wir uns auf den Rückweg ins Hotel – nochmal frischmachen für den Abend. Auch jetzt haben wir wieder Probleme, einen Tuktukfahrer zu finden, der weiß, wo wir hinwollen – ins „Cherries & Berries-Café“. Aber wie immer in Indien: Irgendwie kommt man doch ans Ziel, nur dauert es eben manchmal etwas länger. Ein besonderes Highlight entdecken wir dann noch auf der Speisekarte des Cherries & Berries: Salat mit „original deutschen Kräutern“, wie zum Beispiel „Joghurt Kräuter“, „Garten Kräuter“, „Paprika Kräuter“. Kann es Zufall sein, dass die Würzmischungen, die es bei Lidl gibt, genau dieselben Bezeichnungen tragen? Hm, wohl eher nicht ;) Tjaja, die hohe deutsche Kunst des Salatwürzens!

Park und Sri Chitra Kunstgalerie in Trivandrum

Tiere im Zoo von Trivandrum

Tag 24

Und schon gehen drei Wochen Südindien zu Ende… prägende Bilder, die wir nicht vergessen werden, waren v.a.:

  • der extreme Kontrast zwischen arm und reich – dicke, protzige Villen und daneben Menschen, die auf der Straße leben

  • Müll, soweit das Auge reicht

  • aufgeschlossene und hilfsbereite Menschen, die einem in jeder Situation weiterhelfen

  • Kühe, Pferde, Katzen, Hunde, Ziegen und Hühner auf den Straßen – von wegen „heilige Kühe“, hier lebt alles auf der Straße

  • überfüllte Busse und Bahnen, in die es sogar bei geschlossenen Fenstern und Türen hereinregnet

  • KEINE Elefanten ;)

  • endlose Teeplantagen

u.v.m.

Wir nehmen so viele Eindrücke mit, dass wir sie selbst erst einmal in Ruhe auf uns wirken lassen und zu einem Gesamtbild zusammenfügen müssen. Auf jeden Fall wird uns wieder einmal bewusst, in welchem Luxus wir in Deutschland eigentlich leben, und dass dieser nicht für jeden selbstverständlich ist.

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